Rubrik: Themen und Impulse / Stichworte: Handeln
24.08.2023 Ernst Fischer; Foto: pxHere
Handeln ist die Bedingung für das Leben!
Hannah Arendts Grundaussagen für ein Vita activa, die Demokratie und das Menschsein:
Die »grundsätzliche Bedingung des Handelns wie des Sprechens«, sagt Arendt, manifestiere sich unter den Menschen »auf zweierlei Art, als Gleichheit und als Verschiedenheit.« In Hannah Arendts Schrift Vita activa, erstmals 1958 auf Englisch erschienen, heißt es hierzu erläuternd: „Ohne Gleichartigkeit gäbe es keine Verständigung unter Lebenden. Ohne Verschiedenheit … bedürfte es weder der Sprache noch des Handelns für eine Verständigung.“
„Die Welt, die wir bewohnen,“ so Arendt weiter, sei deshalb „nur in der Vielfalt der Perspektiven überlebensfähig. Die Mehrzahl ist das Gesetz der Erde.“
Denn das Ausmaß an Krieg und Gewalt im 20. Jahrhundert wurde in ihren Augen nur möglich durch einen besonderen Typus: den weltlosen Menschen, der den Bezug zu der von Menschen bewohnten Welt, als deren Teil er geboren ist, verloren hat. Ein Menschentypus, der die Anderen zum Material degradiert und die Grundlagen des Gemeinwesens angegriffen hat. Zu diesen Grundlagen gehören insbesondere die Urteils- und Handlungsfähigkeit.
Zu handeln sei ein Vorrecht des Menschen
meint Arendt, gepaart mit der Kompetenz, Verschiedenheit zu artikulieren. Gefahr für die Gemeinschaft drohe vor allem dann, wenn das (politische) Handeln durch ein bloßes Sich-Verhalten ersetzt werde, sprich: es keinen Dialog der Handelnden mehr gibt.
Das Handeln ist als einzige Tätigkeit auf Pluralität angewiesen.
Es ist ein Vorrecht des Menschen, denn Tiere handeln nicht, sie verhalten sich allenfalls. So heißt Handeln vor allem Frei-sein (von den Zwängen unserer Umwelt). Tragisches Kennzeichen unserer heutigen Welt aber ist gerade das uniforme und berechenbare Sich-Verhalten, das das Handeln außer Kraft setzt; es ist die totale Bürokratie und das bloße Verwalten sowie die Steigerung der Arbeitsproduktivität zu Ungunsten der Muße und des Miteinander-Handelns.
Ernst Fischer