Pragmatiker werden als Chefs geschätzt. Sie lassen „fünf mal g’rade sein“. Sie sind nicht regelbesessen und passen Regel auch mal an. Sie finden eine Lösung. Sie liefern Ergebnisse.
Im beruflichen und auch im privaten Leben ist Pragmatismus eine alltagstaugliche Form,
die oft zu Lösungen führt. Gerade in Diskussionen über „richtig“ oder „falsch“ bzw. „erlaubt“ und „nicht erlaubt“ tun sich manchmal Fronten auf, die scheinbar unüberwindbar sind. Lösungen nach der einen oder anderen Seite würden zu viel Widerstand, zu Ablehnung, zu Verletzungen führen. Der Pragmatiker ist dagegen ergebnisorientiert. Er denkt nicht nach über Ideen oder Gesetze. Er überlegt nur, wie eine Lösung aussehen könnte, die nützlich ist. Sie ist oft kein Kompromiss, sondern ein dritter Weg.
Diese Ergebnisorientierung ist sehr oft hilfreich für Führungskräfte wie sie auch im privaten Leben unverzichtbar ist. Und in der Politik hat sie gar definitorischen Charakter: Politik als die Umsetzung des Machbaren. Und Pragmatiker werden geschätzt und anerkannt, was diese Einstellung fördert und ihr gesellschaftlich einen großen Wert zuschreibt.
Was aber wenn aus einer Verhaltensweise in der konkreten Welt eine Idee wird, eine Philosophie, gar eine Ideologie?
Das ist seit den 1870er-Jahren geschehen. Pragmatismus ist eine amerikanische Philosophie, der bekannte Denker anhingen, wie William James, John Dewey oder Richard Rorty, und die auch in Europa bis hinein in unsere Zeit prägende Wirkung hat. Sie traf dort auf die Ideen postmodernen Denker wie Foucault, Derida oder Deleuze.
Dieses Denksystem formuliert Sätze wie: „Der Erfolg gibt einer Idee recht.“ „Die Alltagstauglichkeit trägt weiter als Prinzipien.“ „Wahrheit ist die Bestätigung unserer Erfahrung.“ oder „Wir sollten einfach so tun, als ob die Wahrheit für eine Weile in Urlaub gegangen wäre.“
Wer sich jetzt an Trump erinnert, liegt nicht daneben. Der amerikanische Pragmatismus hat den erneut gewählten US-Präsidenten zeitlebens geprägt. Er lebt vor, was es heißt, dass man Tatsachen als etwas Hergestelltes versteht, und man überzeugt ist, dass es keine objektive ethische Wahrheit gibt.
In Trump wird auf groteske Weise deutlich, dass Pragmatismus auch die Gefahr in sich birgt, dass Werte erodieren und Wahrheit keine Rolle mehr spielt.
Ernst Fischer