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09.09.2024 · Ernst Fischer
Bild: wikimedia commons

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Mein Lebenswerk - mehr als nur eine Leistung

Leistung und Erfolg – die Zauberwörter der modernen Zeiten, gepaart mit dem Versprechen, dass man mit entsprechender Leistung auch sicher Erfolg haben wird. Ein vollbrachtes Werk dagegen klingt altmodisch.

Unter Werk versteht man ein Tätigsein, die einer bestimmten Aufgabe dient. Man geht ans Werk, ist werktätig. Ethymologisch hängt Werk mit Wirken zusammen. Das altgriechische "ergon" (Werk) steckt in "energeia" (Verwirklichung, Vollendung).

Der Begriff Werk hat eine schöpferische Dimension.

Doch darf man sie nicht auf künstlerisches oder intellektuelles Schaffen einschränken. Nicht zufällig sprechen wir vom Lebenswerk eines Menschen und meinen zumeist das, was jemand in seinem Leben erreicht hat, was ihn auszeichnet, was er begonnen und der Vollendung nahegebracht hat.

Ein Werk ist etwas, auf das wir zu Recht stolz sein können, weil es eben Ergebnis unseres Wirkens ist, und nicht irgendeines Zufalls oder einer sozialen Herkunft. Im Werk eines Menschen kommen seine Werte und Ziele zum Ausdruck, aber auch seine Fähigkeiten und Anstrengungen.

Ein Werk ist zudem etwas, das Bestand hat, was den Tag überdauert. In ihm steckt sowohl der Aufwand als auch das Gelingen, und so ist es der einzige Begriff, in dem Leistung und Erfolg untrennbar verbunden sind.

Ein Werk erfordert mehr als nur Leistung und Erfolg. Es braucht ein sinnvolles Ziel.

Es muss einen Nutzen für andere haben. Hier korrespondiert es mit dem Begriff der Verantwortung. Wer ein Werk schafft, spürt zuerst auch Verantwortung: für eine Sache, für Mitmenschen, für die „Welt“. Es ist eben nicht (nur) das Pflichtgefühl oder gar der Gehorsam, der dem Werk den Boden bereitet. Es sind zum einen humane Werte und soziales Bewusstsein, soziale Kategorien also. Zum anderen wird niemand sich auf den Weg machen, der nicht im Inneren selbst motiviert ist, der nicht ganz persönlich erfährt, dass er selbst etwas tun muss, er und nicht ein anderer.

Ein Werk muss schlussendlich Wachstum schaffen, in einem individuellen und einem gesellschaftlichen Sinn. Ein Werk benötigt deshalb den Willen zur Veränderung, den Willen einen ersten Schritt zu tun und den Willen auf dieser Spur zu bleiben. Ein Werk anzugehen, braucht Mut.

Der amerikanische Moralphilosoph Ronald Dworkin (1931-2013) verglich solch ein Vorhaben mit der Herausforderung eines Malers, auf einer leeren Leinwand etwas Wertvolles zu schaffen. Ob er mit seinem Werk reich wird, mag von Umständen abhängen, die er nicht bestimmen kann. Doch was am Ende wirklich zählt ist das Werk, mit dem er die Welt bereichert hat. Auch wenn der Erfolg nicht immer gegeben ist, auch wenn der Erfolg nicht in unserer Hand liegt:

Die Verantwortung für unser ganz persönliches Lebenswerk tragen wir selbst.

Ernst Fischer

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