Rubrik: Themen und Impulse / Stichworte: Erfolge, Geduld, Haltung
23.08.2023 Ernst Fischer/Foto: pixabay
Es gibt Erfolge!
Auf den ersten Blick meinen viele, es gebe keinen Fortschritt mehr und Engagement sei sinnlos. Aber oft liegt es nur am fehlenden Blickwinkel.
Durch die Lektüre von Rebecca Solnits 2022 erschienenen Buchs „Orwells Rosen“ angeregt stellt sich die Frage, ob es noch Erfolge und Fortschritte in Politik, Kultur und Gesellschaft gibt oder ob die Recht haben, die meinen, nichts ändere sich zurzeit mehr zum Besseren und es sei sinnlos, sich zu bemühen.
Nicht nur der jüngst verstorben Hans Rosling hat jahrelang Fakten zusammengetragen, die beweisen, was sich alles in den letzten Jahrzehnten zum Guten verändert hat, auch wir erkennen positive Veränderungen, wenn wir uns die Zeit dafür nehmen. Selbst in viel zu langsamen Entwicklungen wie der Klimapolitik, der Gleichberechtigung, der sozialen Frage oder dem Hunger in der Welt gibt es positive Tendenzen. Warum aber sehen wir sie nicht?
Neben den Ideologen, die sie gar nicht sehen wollen, weil sie nicht in ihr Weltbild passen, fühlen sich auch viele vernunftbegabte und besonnene Menschen entmutigt. Für Rebecca Solnit ist der entscheidende Grund dafür, dass wir nur noch mit einem flüchtigen Blick auf die Geschehnisse der Echtzeit schauen. Wir haben den Blickwinkel verloren, der auf Entwicklungen, Verläufe und langsames Wachsen achtet.
Echter Wandel verlangt aber Geduld, die Dinge einzupflanzen, zu gießen und dann wachsen zu lassen.
Dies langen Zeiträume scheinen wir nicht mehr überblicken zu wollen. Es ist uns zu anstrengend, Entwicklungen nachzuvollziehen und Vergleiche herzustellen mit der Ausgangssituation. So sehen wir mit den Augen einer Eintagsfliege und nicht mit denen einer Schildkröte. Es fehlt uns die Geduld, lange Zeitspannen zu akzeptieren. Und so sehen wir nur die scheinbar unerträglichen Situationen der Jetztzeit, aber nicht mehr den positiven Wandel, der sich schon ereignet hat.
Neben der fehlenden Geduld und Anstrengungsbereitschaft herrscht allerorten die Vergesslichkeit.
Es gibt so viele Erfolge, die mutige und geduldige Menschen angeregt haben, an die wir uns nicht mehr erinnern. „Wir müssen uns wieder daran erinnern, dass wir aus früheren Erfolgen lernen und sie wiederholen können“, wie es ein amerikanischer Baumschützer, Joe Lamb, es einmal formulierte.
Darum ist es so wichtig zu begreifen, wie diese zustande gekommen sind. Wie ein Brot einmal ein Weizenkorn war und dann ein dürrer Sprössling, gibt es viele wunderbaren Erfolge, die wir nur sehen, wenn unseren Blickwinkel verlängern.
Ernst Fischer