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02.10.2024 · Ernst Fischer nach SZ/Thea Dorn

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„Es gibt keine Beschwerde-Hotline für das Schicksal.“

Am 6. Februar 2021 veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung ein Interview mit Thea Dorn, der bekannten deutschen Schriftstellerin und Moderatorin. Das Jammern in Zeiten der Krisen war ein Thema.

SZ: Immanuel Kant hat geschrieben: „Der Himmel hat den Menschen als Gegengewicht zu den vielen Mühseligkeiten drei Dinge gegeben: die Hoffnung, den Schlaf und das Lachen.“

Dorn: „Lachen befreit und verhindert, dass wir verkrampfen. Trost hat immer auch eine körperliche Dimension. Dazu kommt, dass Humor ein wunderbares Mittel ist, Distanz zu schaffen.“

SZ: Ihnen scheint das momentane moralische Gesamtklima nicht zu gefallen.

„Wir müssen wieder neu akzeptieren, dass es auf der Welt Dinge gibt, die unberechenbar sind, dass es keine Beschwerdehotline für das Schicksal gibt. Bei allen technologischen und auch sozialen Fortschritten ging es darum, weniger beziehungsweise gar nicht mehr unterworfen zu sein. Für mich ist aber der Schlüssel zu einem Geborgenheitsgefühl: Wenn es gelingt, das Gefühl zuzulassen, Gott, dem Schicksal, der Natur – nennen Sie es, wie Sie wollen – ausgeliefert zu sein und trotzdem nicht zu verzweifeln. …

Auch wenn Seuchenzeiten Ausnahmezeiten sind, habe ich dennoch den Eindruck, dass es eine wachsende Neigung gibt, jede Krise in die Nähe einer Katastrophe zu rücken. Ich stelle eine erstaunliche Fähigkeit des spätmodernen Menschen fest, unter immer nichtigeren Anlässen immer intensiver und lautstarker zu leiden.“

SZ: Ihre Hauptfigur verwendet am Ende des Buches ein Gelassenheitsgebet. Was meinen Sie damit?

„Ja, genau. Es ist die Version eines bekannten christlichen Gebets für spätmoderne Agnostiker:

Welt, gib uns die technologisch-medizinischen Mittel, gegen Krankheit und Tode zu kämpfen. Gib uns die Seelengröße, Krankheit und Tod hinzunehmen. Gib uns die Weisheit, zu erkennen, wann es zu kämpfen und wann es hinzunehmen gilt.“

Gekürzt von Ernst Fischer

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