Prof. Peter Gemeinhardt hat in einer Tagung der Katholischen Akademie in München 2022 über „Glaube-Wissen-Denken“ referiert. Ich habe mir einige seiner Gedanken zu eigen gemacht.
Schon als junger Student war ich erstaunt, wie viel Vernunft für den christlichen Glauben Fundament war, habe ich doch (zu) oft ideologische Geistliche kennengelernt oder gläubige Christen/-innen, die sich ihren Kinderglauben bewahrt haben.
Dagegen schildert der Göttinger Kirchengeschichtler Peter Gemeinhardt, dass Bildung zur Formung der christlichen Gemeinschaften von der Urgemeinde an einen wichtigen Beitrag geleistet hat. Die ersten Christen und dann die Institution Kirche mussten sich immer in ihrer Umwelt behaupten, und dies gelang nur, wenn man die sie umgebende Bildungsgehalte selbst erlernt hat und sie sich dann vernünftig denkend in ein Neues umwandelte und für die eigenen Glaubensinhalte fruchtbar gemacht hat. Gleichzeitig war dieser Weg von Beginn an umstritten (Stichwort „Anbiederung an die moderne Welt!“). Prof. Gemeinhardt fasst zusammen:
„Das Christentum ist nicht nur Bildungsreligion, sondern hat auch eine Bildungsgeschichte.“
Mit drei Gedanken schließt er seinen Vortrag ab.
- Christlicher Glaube sei, so Peter Gemeinhardt, wesentlich ein denkender Glaube. Das credo ut intelligam, also „Ich glaube, damit ich erkennen kann“ sei für ihn ein Kerngedanke abendländischer Theologie.
- Immer schon gingen Inanspruchnahme von weltlichen Bildungsgütern und Selbstdistanzierung von diesen Hand in Hand. Dieser Konflikt ist selbst schon Bildung und nach Gemeinhardt sei der Erfolg des Christentums mit seiner Fähigkeit verknüpft, mit dem Weltwissen kreativ umzugehen.
- Bildungsaffinität und die Skepsis an bestimmten Bildungsgehalten bilden ein fruchtbares Spannungsverhältnis, das selbst Ausdruck von Bildung ist. Denn so schließt Prof. Peter Gemeinhardt: „Denn dies befähigt mich, mich zu mir selbst, zu Gott und zur Welt kritisch zu verhalten.“
Ernst Fischer, 17.01.2023,
nach privaten Aufzeichnungen und einem Artikel in „zur debatte“ 4/2022, S.9 ff.
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